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1 | Vorstellung des Jahrbuches
Jahrbuch der Lyrik 2020 | Seminar "Gegenwartslyrik"
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„Sämtliche bis Redaktionsschluß eingesandten Gedichte werden von tapferen Mitarbeitern des Verlages kopiert und an den Mitherausgeber geschickt, so daß der (oder die) unabhängig vom ständigen Herausgeber lesen und zuordnen kann: dem Stapel „auf jeden Fall“ aufnehmen, dem Stapel „vielleicht“ aufnehmen oder dem Stapel „kommt leider nicht in Frage“. Die Übereinstimmung der Auswähler liegt erstaunlich hoch, im Mittel der zwanzig Jahrbuchausgaben bei ca. 95%. Lyrik ist zum allergrößten Teil eben keine Frage des Geschmacks, sondern vor allem eine des Handwerks. Die differierenden 5% sind dann bei der Schlußredaktion der Herausgeber der poetologisch spannendste Part.“

(Christoph Buchwald - Jahrbuch der Lyrik 2008)

Diskutiere Buchwalds These, dass Gedichte „keine Frage des Geschmacks, sondern vor allem eine des Handwerks“ sind.

AUFGABE

12 Kommentare | Kommentarfunktion deaktiviert.

 

Julie Adam

Bis jetzt habe ich den Eindruck, dass Herr Buchwald sehr von sich überzeugt ist. Ich finde ein persönlicher Geschmack spielt bei der Auswahl auf jeden Fall eine Rolle. Kunst an sich ist eine Frage des Geschmacks. Anderseits braucht man als Künstler ein Kenntnis von seiner Handwerk. Aber grade bei der Gegenwartslyrik, die sich manchmal nicht an strenge Regeln hält oder eine ganz neue Formen ausprobiert, kann ein Handwerk eher überflüssig werden.

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Michelle Recktenwald

Den vorangegangenen Kommentaren kann ich mich hier nur anschließen. Auch wie Maria frage ich mich, welche Werke schon von vornherein gar nicht in die Auswahl einbezogen  und aussortiert werden. Ein richtiges Handwerk gibt es doch insbesondere bei der Gegenwartslyrik nicht.. Dass Buchwald in der Lyrik(schaffung) etwas Erlernbares sieht, das bestimmten festgelegten Mustern folgt, ist m. E. schwierig. Denn gerade in der Gegenwartslyrik wird von den AutorInnen mit Sprache, Form und Bildern experimentiert. Diese Aussage könnte ein Indiz dafür sein, dass Buchwald einer bestimmten Tendenz/ seinem Geschmack (?) bei der Auswahl seines Jahrbuches nachgeht,

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Anika Strehlow

Ich würde der These aus persönlicher Sicht widersprechen. Meiner Meinung nach ist es immer zu einem gewissen Grad eine Frage des Geschmacks, ob einem ein Gedicht gefällt oder nicht. Ich glaube zwar auch, dass das Handwerk wesentlich mit reinspielt, allerdings denke ich nicht, dass es im Endeffekt ausschlaggebend ist. Wenn man z.B. nur Gedichte zugeschickt bekommt, die handwerklich an der Perfektion grenzen, ist man gezwungen, sich von seiner eigenen Subjektivität leiten zu lassen (ob nun bewusst oder unbewusst).

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Lucie Fritze

Buchwald begründet seine These damit, dass bei der Auswahl der herausgegebenen Gedichte die Mitherausgebenden zu 95% einer Meinung sind. Diese Übereinstimmung kann jedoch dadurch begründet sein, dass es sich um eine relativ homogene Gruppe an Herausgebern handelt oder dass die Entscheidungsträger durch ihre gemeinsame Arbeit ähnliche Kriterien entwickelt haben, nach denen sie die Gedichte auswählen. Interessant wäre, ob eine Person mit einem gänzlich anderen sozialen/kulturellen/politischen o.a. Hintergrund ebenfalls die gleichen Gedichte zur Veröffentlichung auswählen würde.

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Katharina Klanke

Ich möchte mich gern Marias Kommentar anschließen. Zudem fände ich es spannend, von Buchwald zu erfahren, inwiefern er sein Handwerk weiter entwickelnt muss(t)e, weil ihn beispielsweise neue Formate, bisher kaum von ihm bespielte Themen, etc. erreichen. Kommen diese sofort auf den „kommt leider nicht in Frage“-Stapel, oder sind durchaus avantgardistische Themen oder Umsetzungen gewünscht? Inwiefern stößt sein Handwerk da an Grenzen?

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Maria Kadenbach

Mich beschleicht das Gefühl, diese fast schon mechanistische Aussage und Auffassung speist sich aus der jahrelangen Erfahrung der Auswahl aus vielen verschiedenen Einsendungen: Buchwald selbst hat bei der Auswahl der Gedichte viellecht eine Art Handwerk, eine Strategie entwickelt, die für sich "passenden" Gedichte auszuwählen und zu begründen. Sicher kann man sich eine Art Regelkatalog für "gut" und "schlecht" auch auf Basis wissenschaftlicher Kategorien bauen, eine gewisse emotionale Ansprache, die sich eben nicht immer wissenschaftliche begründen lässt, ist doch aber immer ein Teil der Rezeption.

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Kim Lingnau

Ich kann dem nicht ganz zustimmen. Letztlich ist man immer von seinem eigenen Geschmack beeinflusst, ob man will oder nicht. Andererseits kann man es denke ich mit einem guten Koch vergleichen, der ein fremdes Gericht probiert. Der würde vielleicht auch zu dem Urteil kommen, dass es handwerklich brillant ist, auch wenn es nicht seinen Geschmack trifft. Daher würde ich Buchwald These auch nicht komplett ablehnen.

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Anna Krüger

Ich kann der These aus bereits genannten Gründen ebenso wie meine Kommiliton*innen nicht zustimmen. Jedes Lese- oder Schreibereignis wird subjektiv wahrgenommen und auf die eigene Lebenswelt übertragen, soweit dies möglich ist. Eine objektive Bewertung scheint mit schlichtweg fast unmöglich.

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Anne Töpfer

Die These ist sehr provokant formuliert und mein erster Impuls war, ihr zu widersprechen. Auf der andere Seite gibt es den Lyrikkanon, Gedichte, Autorinnen und Autoren, die man unbedingt kennen muss.  Aber gerade was die Gegenwartslyrik angeht, in der in vielen Fallen auf traditionelles "Handwerk" in Form von Reimschemen, feste Formen verzichtet wird, scheint es mir doch so, dass besonders hier persönliche Vorlieben eine große Rolle spielen.

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Laura Schneider

Buchwalds These finde ich recht schwierig nachzuvollziehen. Wo liegen bei ihm die Merkmale des Lyrikhandwerks? In der Länge der Gedichte, in der Strophenanzahl, in den stilistischen Besonderheiten, im Gegenwartsbezug? Es bleiben gefühlt zu viele Fragen dabei offen. Wie auch schon Kristina anmerkte, haben wir im Seminar so viele unterschiedliche Texte der Gegenwartslyrik gelesen, dass sich dabei schwerlich DIE bestimmten Merkmale des Handwerks ausmachen lassen.

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Paul Scheidt

Liebe Laura,

ich habe einige Zeit über Buchwalds These nachgedacht und bin auch ziemlich zweigespalten. Zu deinem Kommentar hätte ich aber folgende Anmekrung:Du scheinst davon auszugehen, dass sich die Qualität des Handwerks eines Lyrikers/einer Lyrikerin in der äußeren Erscheinung festellen lässt. Auch wenn die äußeren Merkmale ein Teil der handwerklichen Qualität sind, empfinde ich eine Reduzierung darauf als zu eng. Ich würde sagen, dass das lyrische Handwerk v.a. darin besteht Empfindungen vom Schreibenden zum Lesenden zu transportieren. Dies lässt sich sicher nicht mit Zahlen ausdrücken aber ebenso wenig mit Geschmack. Ein Gedicht, welches dir nicht gefällt, kann ja trotzdem eine Emotion transportieren und ist demnach handwerklich gut gemacht.

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Kristina Meier

Erstmal stimme ich Frau Krüger komplett zu. Man kann nichts konsumieren, ohne dass der eigene Geschmack einfließt. Vor allem frage ich mich, was genau er unter dem Handwerk Lyrik versteht. Wir haben allein im Seminar bisher allerhand an Lyrik gesehen und ich konnte bisher nur wenig Regeln oder Ordnungen, nach denen man sich richten müsste, erkannt.

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Sophie Krüger

Ich würde der These insofern widersprechen, als dass handwerkliche Praxis und daraus individuell resultierende geschmackliche Empfindungen sich gegenseitig stetig beeinflussen. Gedichte können daher niemals keine Frage des Geschmacks sein, da sowohl der*die Autor*in als auch der*die Leser*in unterschiedliche Zugänge zu Dichtung entsprechend ihrer Vorerfahrung und Bildung mit sich bringen, die dann in das Verfassen oder Erschließen eines Gedichts einfließen.

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